Predigt Februar 2014
Queergottesdienst am 16.02.2014, St. Johanniskirche Nürnberg
Dialogpredigt zum Gleichnis vom Sämann und vierteiligen Acker
Lukas 8, 4-15
Sprecher 1:
Dreimal vergebliche Aussaat, nur einmal heißt es: Nicht vergeblich! Lediglich einmal ein erfolgreiches Aussäen. Drei gegen Eins. Nur 25% Wahrscheinlichkeit, dass der Same Gottes gedeiht. Ist das nicht eine sehr schlechte Quote?
Sprecher 2:
Das Wort Gottes wird in unserem Gleichnis mit dem ausgestreuten Samen verglichen. Was Jesus gepredigt hat ist nicht eine Sache der Mehrheit. Wie viele von den Millionen Menschen auf der ganzen Welt werden es behalten und verinnerlichen? Bei wie vielen wird es Frucht bringen? Jesus erzählt von Vergeblichkeit und Vergänglichkeit, von Dürre und Versagen, von Enttäuschungen, von Zweifel und von Frust.
Sprecher 1:
Ja vieles im Leben ist vergeblich und um sonst. Rückschläge im Beruf zum Beispiel, da arbeitest du schwer und hart, schuftest und schuftest für deinen Lebensunterhalt und dein Arbeitgeber fährt das Unternehmen an die Wand, meldet Insolvenz an und hat vorher sein Hab und Gut in Sicherheit gebracht. Ist das gerecht?
Da investierst Du Zeit, Kraft und Liebe in die Beziehung zu deinem Freund und der weiß nichts besseres, als dich auszunutzen und zu betrügen. Was sagst du dazu? Wie ist es möglich, dass die Aussaat so wenig Ertrag bringt.
Sprecher 2:
An den Samenkörnern kann es nicht liegen – sie sind Gottes Wort. Wie verschwenderisch geht Gott damit um! Jesus liefert uns mit dem Gleichnis gleich die Antwort hinterher: An der Beschaffenheit des Bodens liegt es. Auf Felsboden und auf steinigen Acker, kann das Samenkorn keine Wurzeln schlagen, jedenfalls keine tiefen. Ein Anfang voller Hoffnung, aber bald verdorrt die Saat. Unter den Dornen geht die Saat zwar auf, aber im tagtäglichen Lebenskampf des Wachstums erweisen sich die Dornen, als die Stärkeren und Erstricken die junge Pflanze. Bei den Samenkörnern, die auf den Weg fallen, kommt es nicht einmal zu einem Anfang. Die vorbeigehenden Passanten nehmen sie nicht wahr und zertreten sie, und die Vögel freuen sich an der unverdienten Nahrung.
Sprecher 1:
Du sagst, dass es an der Beschaffenheit des Bodens liegt. Aber der Boden sind wir Menschen doch, das bist Du, das bin ich. Zu welcher Kategorie zählst Du Dich? Wer von uns ist „Weg“, wer „Fels“, wer „Dornengestrüpp“ und wer ist „gutes Land“? Oft erlebe ich, dass dieser vielfältige Ackerboden in mir selbst angelegt ist. In jedem von uns gibt es solche und ganz andere Seiten. Von Landwirtschaft habe ich nicht viel Ahnung aber das leuchtet mir doch ein: Die Saat geht nicht von heute auf morgen auf. Das dauert. Das braucht Zeit. Und wie der Ertrag wirklich ausfallen wird, das zeigt sich erst bei der Ernte – nicht vorher. Eine anfangs viel versprechende Saat kann immer noch zertreten werden und eingehen.
Und die zunächst etwas dürftig sprossende Saat kann nach beständigem Wachstum dann doch noch hundertfach Frucht tragen.
Sprecher 2:
Genau, deshalb keine Hast, keine Eile, und - um Gottes Willen - kein vorschnelles Urteil! Der Sämann hat einen langen Atem. Er kann geduldig warten – voller Zuversicht, dass die Saat Frucht tragen wird!
Wenn das Leben gelingen und Sinn machen soll, ja wenn Gottes Segen sich auswirken soll, dann braucht es das: Dass wir unter dem Wort Gottes bleiben, standfest glauben mit einem schier unerschütterlichen Gottvertrauen: ER unser Gott stärkt uns, gibt uns Kraft und hält uns den Rücken frei. Immer auf Gott zu vertrauen und mit IHM in Verbindung bleiben, das ist der beste Weg.
Sprecher 1:
Was ist mit den Misserfolgen, Durststrecken und Enttäuschungen im Leben? Wenn ich mich ärgere und aufrege? Oder wenn ich nach einer Niederlage am Boden liege? Irgendwie kommt es mir vor, dass da immer jemand seine Hand im Spiel hat. Ein Gegenpol, ein Widerstreiter?
Sprecher 2:
Wir sehen ihn nicht, aber Jesus sieht ihn. Nämlich den, der immer wieder der Gewinner im Leben zu bleiben scheint, der die Oberhand behält. Aber nur auf den ersten Blick…
Sprecher 1 (ins Wort fallend):
Hat überhaupt jeder Mensch die gleiche Chance, wenn er das Wort Gottes hört? Wie ist es, wenn mein Leben ohne mein Verschulden von Dornen überwuchert wird, wenn mich eine unheilbare Krankheit überfällt, wenn Menschen es nicht gut mit mir meinen und meinem Leib und meiner Seele schaden?
Wenn in einem Land schlechte politische Verhältnisse herrschen und wir Lesben, Schwule und Transgender verfolgt werden, ja gar mit dem Tod rechnen müssen? Wenn eine Beziehung zerbricht? Wenn es einfach keine gute Zukunft zu geben scheint? Eigentlich soll doch ein Gleichnis etwas erklären, verdeutlichen und nicht etwa verhüllen.
Sprecher 2:
Hilfreich ist mir ein Gedanke aus dem Gleichnis. Jesus spricht von den „Geheimnissen des Reiches Gottes“. Lass uns dem Geheimnis des Reiches Gottes auf die Spur kommen: Unsere Freundinnen und Freunde von der katholischen Schwesterkirche sprechen vom „Geheimnis des Glaubens“. Wir Menschen können die Auswirkungen dieses Geheimnisses ganz konkret spüren, wenn wir zum Beispiel queeren Christinnen und Christen begegnen, die wie ein fruchtbarer Acker Gutes hervorbringen. Menschen, die Zuneigung ausstrahlen; die Trost, Zuversicht, Ermutigung und Hoffnung uns zusprechen.
Sprecher 1:
Es sind aber immer noch Steine im Boden, oft sind die kleinen schlimmer, wie die großen; und es wachsen nach wie vor auch Dornen auf unserem Lebensacker. Werden Sie noch weiter wachsen? Werden die Steine einmal weggeschafft werden?
Sprecher 2:
Schwierige Frage, ob Steine und Dornen ewig auf unserem Lebensacker bleiben. Ich meine nicht: Dagegen steht die Botschaft Jesu, sein Leben und sein Weg mit Gott. Sein Lebensweg führte oft durch dunkle Täler und Leiden bis hin zum Tod am Kreuz. Und Ostern ist der Sieg des Lebens über den Tod. Welch` große Hoffnung.
Rufen wir uns den Sämann nochmals in Erinnerung und fassen zusammen: Er sät in verschwenderischer Großzügigkeit über den ganzen Boden.
Sprecher 1:
Das hört sich so an, als kümmert er sich gar nicht darum, wo seine Saat hinfällt; es klingt so, als fielen die Körner zu gleichen Teilen auf den Weg, den Fels, unter die Dornen und auf gutes Land.
Sprecher 2:
Du hast recht, es entsteht der Eindruck, dass hier weit mehr daneben geht, als auf das gute Land fällt. Das ist völlig unökonomisch. Das ist Geberlaune pur. Da denkt einer nicht ans Zuteilen und Rechnen. Hier teilt einer freigebig und unbekümmert aus. Da wird nicht gegeizt, noch nicht einmal kalkuliert, sondern nur ausgeteilt. Das kann nur Gott. Das fasziniert mich an dem Gleichnis ungemein.
Die Geschichte endet mit dem Hinweis auf das gute Land: „Hundertfache Frucht, hörende Menschen, die das Wort behalten in einem aufrichtigen, bereitwilligen und feinem Herzen“. Damit schenkt er uns Hoffnung auf eine reiche Ernte; den drei erfolglosen Saatwürfen steht der eine Saatwurf, der Frucht bringt, gegenüber. Bei Gott wird sich alles zu einer großen Ernte zusammenschließen.
Sprecher 1 und 2:
Amen.