Predigt März 2015

Queergottesdienst am 15.03.2015, St. Johanniskirche Nürnberg

 

Liebe Queergemeinde,

letzte Woche waren für mich ganz verrückte fünf Tage. Ich dachte mir noch: Am Montag lässt du die Woche einmal ganz ruhig angehen und schwupps um 8.00h klingelt das Telefon und mein Kollege meldet sich am anderen Ende der Leitung: Du Christof, ich bin krank; kannst du mich vertreten, schau doch einmal in meinen outlook-Kalender, bitte übernimm´ meine Termine!

Ich öffne seinen Kalender und bin geplättet.

Fünf Minuten später ruft mein Chef an und fordert mich auf alles liegen und stehen zu lassen und unmittelbar zu ihm zu kommen. Gerade will ich los, da kommt meine Assistentin herein und ruft mir zu: Christof, du hast Kundschaft, Herr Meier ist da, bitte hole ihn ab.

Ihr werdet selbst solche verrückten Zeiten kennen, wo man erst einmal gar nicht weiß, wo einem der Kopf steht und was man zuerst machen soll.

Paulus schreibt in seinem Brief an die Römer: Egal wie dicke es kommt- Ob man viel Arbeit um die Ohren hat, Ärger und Stress, oder wie mein Kollege einfach nur krank ist, wir dürfen uns darauf verlassen, dass Gott uns hilft. Wir hören Auszüge aus Römer 5, 1-11:

Da wir nun gerecht geworden sind durch den Glauben, haben wir Frieden mit Gott durch unseren Herrn Jesus Christus. Ihm verdanken wir den Zugang zur Gnade Gottes. Der Glaube ist der sichere Grund auf dem wir stehen und wir rühmen uns der sicheren Hoffnung auf Gottes Reich und seine Herrlichkeit.

Wir dürfen uns auch dessen rühmen, was wir gerade erleiden müssen. Denn wir wissen: Das Leid lehrt standhaft zu bleiben. Die Standhaftigkeit lehrt, sich zu bewähren. Die Bewährung lehrt zu hoffen. Die Hoffnung aber macht uns nicht zum Gespött, denn Gott hat seine Liebe in unsere Herzen hineingegossen.

Soweit der Predigttext für den heutigen Sonntag.

Der Apostel Paulus drückt sich sehr kompliziert aus. Ich denke es liegt daran, dass er auf einmal ganz viel sagen will. Der Römerbrief ist einer seiner letzten Briefe, da packt er alles hinein, was ihm wichtig ist und vielleicht ist er gerade deswegen so vielschichtig.

Paulus geht es zunächst um das Rühmen. Genauer gesagt um das Rühmen Gottes. Das erinnert mich an Dietrich Bonhoeffer, der gesagt hat, als es im Dritten Reich geradezu zum Gesetz geworden war, den Führer zu rühmen: Es gibt nur einen dem Ruhm und Ehre gebührt: nämlich GOTT!

Ein anderes Beispiel ist der schwule Comiczeichner Ralf König, dessen Lebensmotto simpel einfach und plakativ ist: „Schwul zu sein bedarf es wenig, denn wer schwul ist, ist ein König“. Ist das ruhmreich?

Aber Gott zu rühmen, zu loben und zu danken, das fällt einem nicht immer leicht. Letzte Woche zum Beispiel habe ich schon gedacht:

Na lieber Gott, du hättest es ja schon ein wenig ruhiger mit mir meinen können. In solchen hektischen Zeiten ist einem ganz und gar nicht zum Rühmen zu Mute. Und trotzdem ja gerade deshalb sagt Paulus: Rühmt Gott!

Und weiter sagt er „wir dürfen uns auch dessen rühmen, was wir gerade erleiden müssen“. Der Apostel spricht hier sicherlich aus Erfahrung. Und wir queere Christinnen und Christen? Ein jeder von uns hat schon manche negativen und belastenden Erlebnisse in einer allzu homophoben Welt gemacht. Sei es in der Familie, am Arbeitsplatz oder unter sogenannten Freunden.

Gerade in der Bedrängnis darf man Gott ganz nahe sein. Ja ich glaube, dass Gott gerade bei den Menschen ist, die ihn am nötigsten brauchen. Die anderen denen es gut geht, die brauchen Gott auch nicht so dringend. Viele von uns klagen, dass sie Gottes Nähe in den Tälern des Lebens nicht spüren und ich füge hinzu, weil sie blind, taub und gefühllos für seine Nähe sind. Ja ich bin davon überzeugt, dass Gott sich ganz schön abrackert, um jeden Einzelnen von uns nahe zu sein.

Oft spüren wir Gottes Gegenwart erst im nachhinein. Überlege einmal! Erinnere dich an die Täler deines Lebens. Denn gerade in den Tiefpunkten war Gott dir ganz nahe. Das geht einem erst nach Wochen, Monaten oder Jahren auf, sodass man sagen kann: Irgendwie hat Gott mich in dieser schwierigen Zeit an die Hand genommen.

Wir alle können von solchen Zeiten erzählen:

Sei es der Verlust eines lieben Menschen, eine schwere Erkrankung, ein Unfall oder die Sorge um den Arbeitsplatz. Das Enttäuschtsein von einem Freund oder einer Freundin. Die Reihe ließe sich endlos fortsetzen.

Mir kommen Verse aus dem 23. Psalm in den Sinn: „Und ob ich schon wanderte im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück, denn du bist bei mir. Dein Stecken und Stab trösten mich“. Liebe Freundinnen und Freunde: Es kann ein Trost sein zu wissen: Gott lässt uns nicht alleine; gerade in der Notsituation dürfen wir spüren, wie er uns zärtlich an die Hand nimmt.

Der Apostel sagt die Tiefs und dunklen Stunden sind wertvolle Zeiten. Wir lernen zunächst Geduld zu haben, dann bewähren wir uns und schließlich keimt wieder neue Hoffnung auf. Wir lernen das Lachen wieder neu. So haben auch die schweren Zeiten ihren Sinn und ihre Berechtigung. Und vielleicht nutzt Gott diese Zeit in besonderer Art und Weise, um uns Menschen ganz nahe zu kommen, um wichtige Dinge mitzuteilen.

Vielleicht will Gott uns sagen: Du darfst auch einmal langsamer an die Sache rangehen, oder du kannst eine Menge schaffen, wenn du mich mit in das Boot lässt. Dann helfe ich dir, dass du diesen Berg von Arbeit auch bewältigen kannst. Dann werden wir merken: Das macht sogar richtig Spaß – zusammen mit Gott.

Das ist die Erfahrung des Paulus und vieler anderer Menschen. Nach den Zeiten des Weinens, kommen auch wieder die Zeiten des Lachens. Herbert Grönemeyer drückt das so in einem Lied aus:

Tausend Haare in der Suppe

und dein Löffel hat ein Loch

es fällt keine Sternschnuppe

deine Kerze hat keinen Docht.

Und gleicht ein Tag so sehr dem andern

und ist das Leben unerträglich seicht

und bist du innerlich längst ausgewandert

lache, wenn es nicht zum Weinen reicht.

Und greife endlich nach den Sternen

kein Planet ist für Dich zu weit

Sehnsucht kann man zum Glück nicht verlernen

Zum Weinen bleibt noch so viel Zeit.

Ja, liebe Freundinnen und Freunde; wir queere Christinnen und Christen glauben daran, dass Gott uns immer wieder diese Sehnsucht schenkt, von der Herbert Grönemeyer singt; diese Hoffnung, ja dieses fröhliche Lachen, das aus dem Herzen kommt und unser Herz verändert. Und dann können wir auch wieder rühmen, dem dem Ruhm und Ehre gebührt, wie es Bonhoeffer gesagt hat:

Nämlich Gott unseren lieben Schöpfer, der durch alle Zeiten mit uns geht, mit uns lacht und mit uns weint.

Amen.

Und der Friede Gottes, der größer und höher ist, als all unsere Vernunft und unser menschliches Denken, der bewahre unsere Herzen und unsere Sinne in Christus Jesus.

Amen.