Predigt Februar 2015
Queergottesdienst am 15.02.2015, St. Johanniskirche Nürnberg
Predigt zu 1 Kor. 1, 17-25
Jesus der Narr
Alaaf, Helau, Hallelujah! Fasenacht. Die Nacht vor dem großen Fasten. Karneval: Fleisch, ade. Wir hauen heute noch einmal ausgelassen auf den Putz. Vergessen wir dabei Billy Boy nicht. Der treibt es bunt. Wir fallen aus der Rolle. Da sind wir Prinz, Bauer, Jungfrau. Das Dreigestirn. In Köln durfte es kein schwuler Mann sein, im Dirndl mit strohblonden Zöpfen. Wir kennen Uschi Unsinn, die Dragqueen oder Darkqueen von Nürnberg. Ein einsamer Frauenimitator in Federkopfschmuck, (finanziert durch die fast blinde Lesbe Erika). Für eine Honoraranstellung im Paradies hat es nicht gereicht. Die Bundeskanzlerin hat die Hosen an, da sie ihren Mann stehen muß. (ihre weiblichen Reize sind mäßig). Die Vorliebe für Uniformen und ihre sexuelle Ausstrahlung lassen sich manche in Mönche, Nonnen oder Krankenschwestern verkleiden. Bernd Aretz von der AIDS Hilfe in Offenbach karikiert gern den Lederkerl durch Schwenken der Damentasche in schwarz und Damenhut mit Gesichtsschleier. Das Schwenken des brennenden Rauchfasses ist (seit Jühnes Zeiten) in dieser Johanniskirche verboten.
Auch unter den glatzköpfigen in Tarnanzug oder mit Bomberjacke in Springerstiefeln soll es Gays geben. Der Clown ist der Spaßmacher im Zirkus. Auch wenn ihm selbst oft traurig zumute ist – eher dem Harlekin entsprechend – bringt er in Krankenhäusern die Kinder zum Lachen; oft ob seiner Tollpatschigkeit sogar zu Freudentränen.
Der Hofnarr war der einzige, der die Wahrheit sagen durfte, ohne geköpft zu werden. Ein Till Eulenspiegel mit seiner Schellenmütze hielt den Reichen den Spiegel vor, um die Rechte der Armen einzuklagen. Heute ist wohl Papst Franziskus so ein Narr. Er hat bewußt den Namen Franziskus, das Französchen, gewählt. Durch die Französische Revolution (1789) wurde der Bischofshut, die Mitra, zur Karnevalsmütze. Die Marschmusik der Karnevalsvereine und die Tänzerinnen verhöhnen die preußische Militärdiktatur. Das bürgerliche Leben findet auf den Marktplätzen und den Straßen statt. Die militärischen Paradeplätze werden zu friedlichen Kirmesplätzen. Kirmes kommt vom Kirchweihfest, bis in jedes Dorf als kulturelles Freudenereignis.
Ein (römischer) Berufssoldat zeichnet die erste Karikatur: Alexamenos betet seinen Gott an: einen Esel am Kreuz. Den Heiden eine Torheit, der dumme Esel, der sich nicht wehrt gegen die Lasten, die man ihm zu tragen auflegt. Oder noch schlimmer das Lamm, das schwarze Schaf, der Sündenbock, den die Priester die geistigen Schulden des Volkes auferlegten und es in die Wüste, in die Einsamkeit, in den Tod treiben.
Den Heiden eine Torheit, den Juden ein Ärgernis. Der Schöpfergott ist so vernarrt, so verliebt in seine Schöpfung, in die blaue Erdkugel, daß er Teil derselben werden will; nicht nur vorübergehend wie ein griechsicher Gott Zeus, der zum geilen Stier wird, um Europa für sich heim zu führen; sondern ein Gott, der in Jesus von Nazareth, dem Juden, unwiderruflich MENSCH wird. Mit der Erfahrung des Leidens, politischer Flüchtling, Bauhandwerker, in einer Familie in Nazareth – auch heute noch ein Kaff – Wanderprediger ohne festen Wohnsitz, Obdach wohl bei Freunden in Kapernaum oder Bethanien. Sicherung des Lebensunterhaltes durch den Verkauf von Fischen mehr von dem Geld, das ihm begüterte Frauen zusteckten, wie Johanna, die Frau des Zollbeamten oder Maria aus Magdala, einer Purpur/Samtstoffhändlerin. Er war als Heilpraktiker tätig; widersprach den Theologen seiner Zeit, die 100 v.H. Befolgung des Gesetzes als Heilsweg ansahen, statt die Gebote und normativen Regeln als Empfehlung für die Nächsten und Feindesliebe zu sehen; durch die menschliches Zusammenleben auf dieser Erde gelingen kann. Das meiste Leid auf dieser Erde ist von Menschen selbst gemacht: Mangel an Trinkwasser, an gesunder Ernährung, an Obdachlosigkeit, an Folter und Krieg. Den Sadduzäern, die nicht an ein Leben über den physischen Tod hinaus glaubten, widersprach Jesus heftig. Jesus von Nazareth ging bis in die Folter, Kreuzigung, in den Erstickungstod und in die Leichenstarre hinein. Davon zeugen die Kreuze.
Er, Christus, verkündete mit seiner Auferstehung von den Toten, daß die andere SEINSFORM der Unsterblichkeit und Vollkommenheit des individuellen Menschen das Ziel ist.
Jesus von Nazareth ist schrittweise in seinen Lebensauftrag, seine Berufung hineingewachsen. Wenn andere ihn bereits als den Befreier erkannten und "Sohn Davids" hinterher riefen, versuchte er sie zum Schweigen zu bringen (um nicht ins Springmesser seiner Gegner zu laufen). Seine Verwandten hielten ihn für verrückt und wollten ihn nach hause holen. Als es darauf ankam, vor Priestern und politischem Statthalter (Pilatus) zu sich selbst zu stehen, bekannte er sich als der MENSCHENSOHN.
So ist Jesus für uns ein Beispiel, zu uns selbst, zu unserem SO-Sein zu stehen. Wir verstecken uns noch zu oft hinter der Maske des höflichen, gut betuchten, unauffälligen aus Angst vor Diskriminierung am Arbeitsplatz, in der Nachbarschaft und scheuen uns vor den Auseinandersetzungen in der Stammfamilie, insbesondere, wenn wir unter dem Dach der Eltern leben. Was ist, wenn wir unsere vielfältigen Rollen aufgeben als braves Kind, treuer Partner, kumpelhafter Kollege, wenn wir unseren Monteuranzug, unsere schwarze Robe, unseren weißen Standeskittel ausziehen?
Ja, dann steht ein nacktes ICH da.
Unser Gott JAHWEH hat uns ins Dasein gerufen von der Zeugung an, hat uns bei unseren Namen gerufen als Individuum. Er will uns hier heute Abend in der alten Kultstätte der Johanniskirche stärken, daß unser Lebensweg gelingt.
Ein Tor, der in seinem Herzen spricht: "Es gibt keinen Gott." Das sind die intelligenten Wissenschaftler. Die Hirnforscher suchen nach Nervenzellen, die die Fähigkeit zum philosophischen Denken und zur religiösen Weltanschauung als Evolutionsereignis wahrnehmen. Sie sehen es als mythologische Entwicklung, um mit dem realen Leiden zurecht zu kommen oder auch die Sinnfrage unserer Existenz als Hirngespinst abzutun. Wenn ich das geistige ICH meines Seins leugne bin ich als Energiequelle im Weltall für nichts verantwortlich. Dann gilt das Recht des körperlich, geistig, materiell Stärkeren.
Der Christus dreht die Rangordnung um: Krankheit ist keine Strafe für schuldhaftes Verhalten der Person oder seiner Vorfahren. Homosexualität ist keine psychische Fehlentwicklung. Dennoch möchten evangelikale Eiferer uns gesundbeten oder Tiefenpsychologen mit Aversionstherapie bis zum Elektroschock ausmerzen. In Uganda, Kenia, Russland, ja sogar in Frankreich verfolgt man in diesen Jahren 2014/15 Homosexuelle bis zur Steinigung.
Die geistige Elite, insbesondere in Deutschland, produziert Streubomben, chemische Waffen, Atom- und Neutronenbomben statt Schwerter zu Pflugscharen umzuschmieden, statt Meerentsalzungsanlagen und Brunnen für Trinkwasser in der Steppe/Wüste einzurichten, sowohl in Palästina wie in Afrika.
Dieser JAHWEH, den Juden, Muslime und Christen gemeinsam erkennen, will uns an seinem Leben teilnehmen lassen. Wie ist unsere persönliche Beziehung zum LEBENDIGEN Gott erfahrbar, jetzt, heute und von Gegenwart zu Gegenwart?
Amen.
Predigt von Johannes III Kahlen