Predigt Februar 2005

Queergottesdienst am 20. Februar  2005
in St. Martha Nürnberg

Predigt über Matth. 12, 38-42
„Das Zeichen des Jona und der Königin des Südens“

Als ich den Lesungstext das erste Mal las, konnte ich rein gar nichts damit anfangen.
Und ich fragte mich, wer da für die evangelische Leseordnung zuständig ist und was die sich nur dabei gedacht haben, so einen Text als Predigttext vorzugeben. Unverschämtheit.

Wiedermal hörne wir von den Pharisäern – sie wollen ein Zeichen von Jesus, dass er von Gott beauftragt ist. Das finde ich nicht verwunderlich. Spontan erinnere ich mich an den Film „Das Leben des Brain“ – ich sehe an jeder Straßenecke einen Wunderheiler stehen, der behauptet, ein Mann Gottes zu sein. Jesus war einer von ihnen. Das war nichts besonderes. Sogenannte göttliche Männer gab es damals viele. (– heute übrigens auch...)

Und dann behauptet Jesus auch noch, er sei größer als Salomo. Entschuldigung, aber das war wirklich eine Anmaßung. Salomo ist der berühmteste, reichste und weiseste König gewesen, den Israel je gesehen hat. Der stand wirklich ganz dich unter Gott. Mit dem durfte sich niemand vergleichen. Also da hätte ich nicht Pharisäerin sein müssen, um für diese Aussage von Jesus einen Beweis zu wollen.

Und Jesus – gibt ihnen wieder mal keinen Beweis. Wie enttäuschend. Keine aufregend inszenierte Wunderheilung, keine beeindruckende Predigt, kein Donnerschlag vom Himmel.

Das hat ja sogar Bonifatius besser gekonnt, ohne den wir heute in Franken nicht christlich wären. Er zerhackte wenigstens einen Baum, der als Heiligtum der heidnischen Göttin Donar galt. Das war wenigstens ein bisschen spektakulär.

Nein, Jesus ist hier einfach langweilig. Brav, in jüdischer Tradition, beruft er sich auf die Schrift, auf Jona, den feigen Propheten, den der Fisch drei Tage in seinem Bauch mit sich rumschleppte, um Jona zum Arbeitseinsatz nach Ninive zu bringen.

Mit so einem Feigling vergleicht sich Jesus.

Und wenn Jesus – wie Jona im Bauch – drei Tage und drei Nächte in der Tiefe der Erde verborgen sein wird, dann ist Jesus schlicht und einfach tot. Von Auferstehung sagt er hier im Text gar nichts. Das ist also auch nichts besonderes.

Also ehrlich gesagt: So einem Jesus hätte ich auch nicht mehr geglaubt, als dem lauthals missionierenden Wanderprediger in der Nürnberger Fussgängerzone.

Ich kann die Pharisäer verstehen. Sie wollen ein Zeichen. Und ich kann auch alle Menschen verstehen, die heute mit Gott nichts anfangen können. Der ist einfach zu schwammig, zu wenig greifbar. Wie soll ich Gott lieben, wenn ich ihn nicht anfassen kann? Das ist wenig überzeugend. Und ich verstehe alle, die sich abwenden.

Doch dann. Dann kommt die Antwort, das Zeichen. Denn dann kommt sie:

Die Königin des Südens. Wow, schon allein dieser Name klingt toll.

Ich stelle mir vor, wie sich die Tore da hinten heben, Musik erschallt und eine Frau, nein, eine Königin, anmutig und doch stolz, erotisch und total souverän von hinten hereinschreitet.

Die Menschen, die sie sehen, treten ehrfürchtig einen Schritt zurück. „Wer ist das ?“ tuscheln sie leise zueinander. Meine Kollegin neben mir flüstert zurück: „Das ist die Königin des Südens. Die hatte mal was mit Salomo, glaub ich oder so.“ „Aha.“ antworte ich andächtig und blicke gebannt der weiblichen Erscheinung hinterher.

„Tolle Frau“ denke ich mir, „zum Verlieben schön. Aber warum hat die nur so eine faszinierende Ausstrahlung?“ Und ich beginne, mich für die Frau zu interessieren. Ich suche ihre Geschichte in der Bibel und lese nach - ihre Geschichte steht in 1 Könige 10 – und stelle fest, dass sie eine ganz schön schlaue Frau gewesen sein muss. Sie hat dem Salomo Fangfragen gestellt, mit ihm diskutiert und geredet – und sie ließ sich schließlich von seiner Weisheit überzeugen. Sie war souverän genug, um die Persönlichkeit eines anderen zu schätzen. Tolle Frau, denke ich mir wieder. Aber wie konnte es in dieser unglaublich patriarchalen Gesellschaft eine Königin geben? Etwa eine feministische Enklave? Ein Frauenreich?  - hm, und während ich noch so nachdenke, stelle ich fest, dass ich soeben begonnen habe, für eine Frau der Bibel zu schwärmen.

„Jesus, jetzt hast du mich doch erwischt, mit deinem gnadenlos langweiligen Text.“ muss ich zugeben. Gott weiß schon, wie er´s machen muss. Da bedarf es gar keiner großartigen Wunder. Es muss nicht der spektakuläre Action-Auftritt sein oder die zerhackte Donar-Eiche des Bonifatius.

Nein, ganz leise hat mich Gottes Wort eingewickelt, genau an der Stelle, wo ich empfänglich bin. Es braucht nur den richtigen Menschen, um zu verstehen, um weiter zu kommen, um zu glauben.

Und weil Jesus seine Zuhörerinnen und Zuhörer kennt, hat er den Jungs den Jona als Beispiel gegeben und den Mädels die Königin von Saba. Queer gelesen, finde ich das ausgesprochen nett von ihm.

Und wenn ich mir´s überlege, dann muss ich zugeben, dass es in meinem Leben eigentlich oft genau so gelaufen ist. Wenn da nicht immer wieder eine tolle Frau, manchmal auch ein Mann, oder einfach nur ein Mensch gewesen wäre, dem oder der ich fasziniert gefolgt bin, dann würde ich jetzt nicht hier stehen.

Gott hat mir nicht nur den Jona und die Königin des Südens zum Vorbild gegeben, sondern etliche Vorbilder und Wegbegleiterinnen, die mich durch ihre Art, ihren Charme oder ihre Souveränität motiviert haben, zum Glauben und zum Leben.

 Ich könnte sie mit Namen nennen.

Ihr vielleicht auch? Gibt es auch in Ihrem, in eurem Leben die heimlichen Vorbilder, die zum Leben motivieren? Die den Schritt, den ich mich noch nicht traue, bereits gegangen sind? Die auch dann noch auf Gott vertrauen, wenn ich schon lange keine Lust mehr habe?

Jesus selbst mag vielleicht manchmal langweilig oder abgegriffen sein, so wie ich selbst manchmal langweilig und ausgelaugt bin. Doch dann schickt er dir genau den Mensch, die Frau, den Mann vorbei, den du brauchst, um wieder Mut und Energie zu bekommen, um etwas anzupacken und um zu leben. Jesus setzt sein Zeichen für dich und zwar genau das Zeichen, das du verstehst. Du musst nur drei Tage im Dunkeln warten.

Danke Gott. Danke, dass du uns durch Menschen dein Zeichen setzt.

Amen