Predigt Dezember 2007
Queergottesdienst am 3. Advent 2007
(16.12.2007)
Dialogpredigt zu dem Predigttext:
Offenbarung 3, 1-6 „Buch des Lebens“
Sprecher:
Oh je ist das am Ende in der Bibel schwer und kompliziert. Jetzt sitze ich schon seit Stunden über dem Bibeltext aus der Offenbarung und komme nicht weiter. Am nächsten Sonntag im Queergottesdienst bin ich mit der Ansprache dran, und habe keine Ahnung was ich über das „Buch des Lebens“ predigen soll. Gerne möchte ich einmal dem Verfasser Johannes meine Meinung sagen! Warum bloß ist dieses letzte Buch der Bibel so schwer zu verstehen?
Johannes:
Nun jetzt hab´ mal keine bange. Der Grund warum meine Offenbarung so schwer zu verstehen ist, ist die Art und Weise wie sie von mir geschrieben wurde. Eine Vielzahl von symbolischen und apokalyptischen Ausdrücken, wie
z.B. Posaunen, Kelche, Hörner, Reiter oder auch das „Buch des Lebens“ machen eine Erklärung notwendig.
Sprecher:
Und was hat es nun mit diesem Buch des Lebens auf sich? Woher weiß ich, ob mein Name im Buch des Lebens verzeichnet ist?
Johannes:
Nun der Evangelist Lukas schreibt, wie Jesus zu seinen Jüngern spricht und sagt:“
Freut Euch, dass Eure Namen im Himmel geschrieben sind“ (Luk. 10, 20).
Sprecher:
Dass die Jünger im Buch des Lebens stehen, das ist mir klar, sie waren doch Jesus am Nächsten und sind seine Nachfolger.
Johannes:
In der Bibel wird nichts erwähnt wie erfolgreich die einzelnen Jünger waren. Aber allen wird diese Ehre zu teil. Alle dürfen sich freuen im Buch des Lebens zu stehen. Es ist Gnade zu Jesus zu gehören, kein Verdienst.
Sprecher:
Werden alle, die in diesem Buch des Lebens stehen, in den Himmel kommen?
Johannes:
Jeder, der an Jesus glaubt wird in den Himmel kommen, so steht es in meinem Evangelium. Und glauben bedeutet hier in Beziehung zu Jesus zu leben, also Kind Gottes zu sein.
Sprecher:
Was ist nun mit mir? Stehe ich als schwuler Christ, stehen wir als schwul-lesbische Gemeinde auch in diesem Buch?
Johannes:
Die Bibel macht das von der Beziehung zu Jesus Christus abhängig. Wer mit IHM in Beziehung lebt, welches Herz ER anrührt und welches Herz sich anrühren lässt, der steht im Buch des Lebens.
Mit der Taufe sind wir eingeschrieben – niemand kann unseren Namen auslöschen. Das allein kann der Herr, wenn ER am Ende der Zeit das Buch des Lebens auftun wird. Weil Jesus uns liebt, weil wir seine Erben sind, wird ER nicht zulassen, dass uns irgendetwas aus seinem Reich ausschließt. Das legt ER durch die Versiegelung fest. Mit dem Siegel des Heiligen Geistes kennzeichnet ER uns als sein Eigentum. Es bleibt ein Gottes Geschenk, ein Geschenk der Liebe und Gnade, das jeder nur im Vertrauen und voll Dankbarkeit annehmen kann. Dabei spielt es keine Rolle, ob wir arm oder reich, groß oder klein, Mann oder Frau, Homo oder Hetero, oder ob wir von heller oder dunkler Hautfarbe sind. Seine Geburt und sein Ruf gilt allen gleich. Hört dies als Botschaft der Hoffnung, des Trostes und der Freude. Als Botschaft im Advent.
Sprecher:
Und was ist mit unserem eigenen Lebensbuch; wenn die letzte Seite voll ist und wir den Stift aus der Hand legen, was ist dann?
Ist dann alles aus – Schluss, Finito, Ende alles vorbei?
Johannes:
Was sind die letzten Worte meiner Offenbarung –lies nach!
Sprecher:
Ja, ich komme bald. Amen, ja komm Herr Jesu!
Ja, ich komme bald. Amen, ja komm Herr Jesu!
Am Ende des dicken, umfangreichen Buches, am Ende der Bibel stehen diese einfachen Sätze: „Ja ich komme bald“. Und dann derselbe Satz noch einmal, jetzt aber als Bitte: „Amen, ja komm, Herr Jesu!“
Wenn das Lebensbuch zu Ende geht – ist ein Kommen angesagt? Wie passt das zu Weihnachten?
Johannes:
Am Ende ist nicht ein Gehen, Vorbei- Vorüber- ein Weggehen, sondern im Gehen ist ein Kommen. Während wir Menschen gehen müssen, ist ER im Kommen. ER kommt unserem Gehen entgegen.
An Weihnachten ist ER uns und seiner Welt entgegen gekommen. ER hat sich auf den Weg gemacht. ER tut den ersten Schritt zu unserer Erlösung.
Am Christfest nimmt Gott seinen Stift in die Hand und macht im Buch des Lebens aus unserem Schlusspunkt einen Doppelpunkt.
Mit Christi Geburt und mit dem wiederkommenden Gott ist auch unser Christenleben voller Kommen. Voller Kommen war auch das Leben der ersten Christen. Deshalb, weil ihnen zu Herzen gegangen ist, was das Kind in der Krippe seiner Gemeinde gesagt hat: „Ja ich komme bald.“
Sprecher:
Ist das eine Zusage – eine Verheißung?
Johannes:
Ja, wer dieser Zusage glauben kann, der wird getröstet. Deshalb wurde schon am Ende ganz früher urchristlicher Gottesdienste ausgerufen:
“Der Herr kommt!“ Und so heißt es schon seit 2000 Jahren: Ja, ich komme bald.
Sprecher:
Bald? Viele Menschen zweifeln und fragen, wie kann bald auch 2000 Jahre meinen?
Johannes:
Nun, liebe Queergemeinde: Wir warten ja nicht nur auf den kommenden Herrn. ER kommt schon heute, um uns nahe zu sein.
Sprecher:
Heute?
Johannes:
ER kommt in seinem Wort und in seinem Sakrament. In jedem Gottesdienst feiern wir seine Ankunft – seinen Advent. Vor 2000 Jahren kam ER als Kind auf diese Welt und wurde Mensch – wie wir Menschen sind. Heute kommt ER zwar verborgen: Verborgen in unseren menschlichen Worten, verborgen im Bibelwort, verborgen in der Predigt, verborgen in Brot und Wein. Wenn auch verborgen, so ist doch gewiss, dass ER kommt und dass ER da ist – mitten unter uns ist. Und weil wir sein Kommen jetzt schon erfahren, deshalb sind wir gewiss, dass ER am Ende der Welt noch einmal kommen wird.
Dann kommt ER nicht mehr verborgen, dann kommt ER so, dass wir IHN von Angesicht zu Angesicht sehen können. Für immer und ewig. So will ER es. Und dieser Wille ist einfach und gut. Und deshalb wird es auch am Ende der Bibel ganz einfach. Und gut! Wer darauf vertraut, für den wird auch unser irdisches Leben, das oft so klein und unscheinbar ist, manchmal spannungsreich und erfüllt, meistens aber hoch kompliziert, zumindest ein wenig einfacher. Es wird so einfach, dass man die einfachen Wahrheiten verstehen kann und dass man weiß, wo es lang geht:
Sprecher:
Nämlich dem kommenden Herrn entgegen. Und weil dieser Herr, der da auf uns zukommt, einen Namen hat, weil ER Jesus Christus heißt, darum gehen wir einem guten Ende entgegen; einem Ende, das es in sich hat; einem Ende – das einen neuen Anfang in sich hat. Das ist dann aber ein anderer Anfang, als wir ihn kennen. Es ist ein Anfang – ohne Ende. Denn das heißt ewig leben: Anfangen ohne an ein Ende zu kommen.
Johannes:
Ja, liebe Queergemeinde nicht nur an Weihnachten bei der Geburt unseres Herrn, sondern auch am Ende, wenn der Herr wiederkommt, werden wir noch einmal richtige Anfänger sein.
Wenn ER kommt und wir IHN von Angesicht zu Angesicht sehen, dann werden wir, wie alle Anfänger und wie die Hirten auf dem Felde staunen und aus dem Staunen nicht mehr herauskommen.
Gemeinsam:
Amen, ja komm Herr Jesu - komme bald.