Predigt Januar 2006

Queergottesdienst am Sonntag, den 15. Januar 2006

Als ich zu euch kam, Brüder, kam ich nicht, um glänzende Reden oder gelehrte Weisheit vorzutragen.

Auch ich möchte heute nicht vor euch stehen und dies tun, sondern euch von unseren Gedanken berichten, die uns bei der Gottesdienstvorbereitung zu dem Text von Paulus gekommen ist.

Es war die erste Predigt von Paulus vor seiner Gemeinde in Korinth, er spricht selbst davon, dass er in Schwäche und Furcht, zitternd und bebend zu seiner Gemeinde kam.

Das erste Mal vor Menschen zu sprechen, die eine große Erwartung an den Redner haben, ist sicherlich schwer und macht Angst.

Paulus tritt mit einer neuen Lehre vor diese Menschen, hat Angst, ob sie seine Lehre annehmen werden oder ob er scheitern wird.

Das wirkt sehr ehrlich und menschlich, damit können auch wir uns identifizieren.

Kennen wir Situationen, in denen wir bange sind und nicht die richtigen Worte finden, nach Erkenntnissen und Klarheit ringen? Und nicht zuletzt nach der Anerkennung der anderen, nach Annahme unseres Seins..........genau dieses Unwissen darüber lässt uns die Worte fehlen, wie wir zu Beginn bei unserem Anspiel gesehen und gehört haben.

Viele haben ihr Coming-Out hinter sich, wissen um die Ohnmacht der richtigen Worte, um die Angst um das Zittern und Beben.

Was wird meine Familie dazu sagen, werden sie mich akzeptieren oder vielleicht auch ausstoßen.

Wie sage ich es, soll ich mit fester Stimme und voll Freude sagen, dass ich meinen Weg gefunden haben, oder verhalte ich mich fast reumütig, als müsste ich mich entschuldigen?

Ich weiss um meine Ohnmacht, als immer aktives Kirchenmitglied auf einmal vor einem Scherbenhaufen zu stehen und ohnmächtig zu sein, wütend, traurig, wenn mir auf einmal klar wird, dass ich so in der Kirche nicht mehr akzeptiert bin, so wie ich bin und alles, was  ich bisher erlebt habe, in Frage steht, meine Wurzeln, die ich mir aufgebaut habe.

Wut und Verzweiflung bis heute, keinen festen Boden mehr unter den Füßen seit meinem Coming Out, Angst, Zittern und Beben, dass sie mich entdecken werden und mich ausschließen werden, hinauswerfen, obwohl ich seit 16 Jahren erfolgreich im Dienste der Kirche arbeite.

 

Schauen wir wieder auf Paulus. Was macht er, von was lässt er sich leiten, er betont, dass seine Botschaft nicht Überredung durch gewandte und kluge Worte sind. Paulus stützt sich auf die Kraft Gottes, auf das Geheimnis der verborgenen Weisheit Gottes.

Paulus macht sich zu seinem Werkzeug, er glaubt an Gott, bekommt Vertrauen, fühlt sich berufen, lässt sich von der Kraft Gottes leiten.

Paulus spricht echt und frei, seine Worte sind ehrlich, sie kommen von ganzem Herzen, er spielt mit seiner Gemeinde keine rhetorischen Spielchen, überflutet sie nicht mit einer ausgeklügelten berechnenden Rede.

Paulus verlässt sich auf das, was Gott für ihn bereithält, lässt sich nicht in eine Schiene drängen der Gesetzgebungen oder dem Geschwätz der Machthaber.

Machthaber halten sich an die Gesetze, die ja meist auch durch andere Machthaber oder sie selbst entworfen und gestaltet wurden.

Dies ist ein einfaches Prinzip, um eine Wahrheit zu verfolgen, die festgelegt und damit unumstößlich ist.

Politiker oder große Kirchenleute finden immer Worte für alles, glauben, alles wahrhaftig zu wissen, halten dogmatisch an den Regeln fest, haben ja auch nicht zuletzt Redenschreiber dafür, die geschult sind, fesselnde und absolute Reden zu formulieren, die keine Fragen mehr offen lässt und auch keine Abweichungen.

Oft frage ich mich, woher gerade in der Kirche die Kirchenoberhäupter (gerade in der Katholischen Kirche) immer so genau wissen, was die Wahrheit ist und sich auch auf Gottes Wahrheit berufen oder es Schöpfungsordnung nennen.

Ist Gott wirklich damit einverstanden, was hier auf Erden läuft, ist es wirklich richtig, sich zu ermächtigen, um die Wahrheit Gottes zu wissen? Ich wage das von mir nicht zu behaupten und möchte dies nicht beurteilen.

Gott ist nicht der Gott der Dogmatiker.

Es gibt so viele Gottesbilder, wie es Menschen gibt.

Gott ist unser aller Gott.

Gott ist der ganz Andere.

 

Und Paulus spricht weiter zu seiner Gemeinde:

Keiner der Machthaber dieser Welt hat die Weisheit Gottes erkannt, denn hätten sie die Weisheit Gottes erkannt, so hätten sie den Herrn der Herrlichkeit nicht gekreuzigt. Nein, wir verkündigen, wie es in der Schrift heißt, was kein Auge gesehen und kein Ohr gehört hat, was keinem Menschen in den Sinn gekommen ist: das Große, das Gott denen bereitet hat, die ihn lieben.

 

Welch ein Trost für uns, welch eine Erlösung.

Wir brauchen uns nicht weiter quälen mit der Festschreibung von Gesetzen und Regeln, die menschenverachtend sind, wir brauchen keine Angst haben, Gottes Reich nicht zu sehen, wir brauchen nicht klagen, dass wir nicht dazugehören zum Leib Christi, weil uns die Kirche dazu verurteilt, weil die Machthaber glauben zu wissen, wie es für alle Menschen zu laufen hat.

Paulus hat auf Gottes Zusage vertraut, wir brauchen unseren Glauben nicht auf Menschenweisheit zu stützen, sondern können auf die Kraft Gottes bauen.

Wir freuen uns auf das Große, sind geborgen darin, das Gott denen bereitet hat, das Gott uns bereitet hat, die ihn lieben.

Amen