Predigt Januar 2008
Queergottesdienst am 20. Januar 2008
„Wer kommt in den Himmel?“, Predigt zu Röm 9,14-26
1. Ist es überhaupt wichtig, in den Himmel zu kommen?
Es gab Zeiten in der Geschichte der Menschheit, die so leidvoll waren, dass allein die Hoffnung auf ein glückliches Leben nach dem Tod das Diesseits erträglich machte.
Es gab Zeiten, in denen die Angst vor der Hölle so massiv war, dass Menschen barfuß nach Santiago de Compostella wanderten oder Ablassbriefe kauften, um der ewigen Verdammnis zu entrinnen.
Und heute?
Welcher gesunde, noch nicht ganz so alte Mensch interessiert sich ernsthaft für ein Leben nach dem Tod, von dem sowieso kein Mensch genau weiß, wie es aussehen wird?
Also muss das Diesseits die Erfüllung bringen!
Der Himmel muss hier schon stattfinden. Und so strebt der Mensch mit allen Kräften nach Glück in der Liebe, Erfolg im Beruf und nach einem möglichst langen, gesunden und angenehmen irdischen Leben.
2. Doch was nützt all das Streben, wenn Gott im Bibeltext sagt:
„Ich will allen wohl, denen ich Wohlwollen schenken will. Ich fühle mit allen, denen ich mein Mitgefühl schenken will.“
Gott entscheidet also allein, wer sein Wohlwollen und Mitgefühl bekommt und wer nicht.
Da können sich die Menschen abzappeln und anstrengen und gute Werke vollbringen soviel sie wollen und schließlich sind wir doch von Gottes Gnade abhängig.
Gott hat – wie ein Töpfer mit seinem Ton - die Freiheit aus einem Menschen einen Heiligen und aus einem anderen einen Verbrecher zu machen.
Na danke schön! – sage ich da nur: Bin ich etwa von Gott, dem Töpfer-Schöpfer dazu bestimmt, eine unehrenhaftes Gefäß zu sein, egal wie sehr ich mich anstrenge, heilig zu sein?
Nein, so meint das Paulus natürlich nicht. Und deshalb ist es wichtig, das Kapitel bis zum Ende zu lesen. Da sagt Paulus: Gott hat uns herausgerufen, Barmherzigkeitsgefäße zu sein. Gott nimmt nicht nur die Juden, sondern alle Menschen, als geliebte Töchter und Söhne Gottes an.
Halt, nicht einfach alle Menschen. Es gibt doch noch eine Bedingung:
Gemeint sind alle Menschen, die auf Gott vertrauen. Das ist alles.
Nicht die Leistung der Menschen entscheidet über Himmel und Erde, sondern das Vertrauen auf Gott.
Wer also hier in diesem Gottesdienst sitzt und auch nur ansatzweise versucht, auf Gott zu vertrauen, der und die wird die Liebe Gottes auch erfahren.
3. Was heißt das nun für unsere drei Kandidaten?
Schauen wir uns einmal an, wie weit das Vertrauen der drei Prototypen geht:
Benedicta Josephina Ratzebutz bemüht sich redlich, alles richtig zu machen. Sie kann abends nicht einschlafen, ohne ihr Gebetspensum und eine gute Tat absolviert zu haben. Und quält sich schließlich mit der Angst, dennoch schuldig zu sein.
Annegret Willhinauf dagegen, weiß vielleicht, dass sie ihre Begabungen letztlich vom Himmel geschenkt bekam und – wenn sie einmal Zeit dazu hat – bittet sie die Lebendige, dass sie durch Annegrets Begabungen Gutes in dieser Welt bewirkt.
Und Anton Schönlau? der Schöne, Attraktive? Auch seine Schönheit ist vergänglich. Ganz schnell kann ein Unfall oder eine Krankheit die schöne Attraktivität beenden. Und dann?
Wird es Anton schaffen sich vertrauensvoll an Gott zu wenden?
Denn: Werke sind gut, Vertrauen ist besser.
4. Was bedeutet das für uns? für dich, für mich persönlich?
Alles Leben ist Geschenk.
Alles Streben nach Glück, Liebe oder sonstwas gelingt nur, wenn Gott sein Wohlwollen dazu gibt.
Und Gott gibt sein oder ihre Wohlwollen dazu. Doch das ist eine Sache des Vertrauens.
Und wenn das mit dem Vertrauen nicht funktioniert?
Wenn ich meiner Leistungsfähigkeit doch mehr vertraue als der Hilfe Gottes?
Martin Luther soll einmal gesagt haben:
„Wenn ich ganz viel zu tun habe, dann gehe ich erstmal eine Stunde beten.“
Und die Schwestern von Kalkutta haben festgestellt:
Wenn sie mehr beten, dann gelingt ihre Arbeit viel besser, weil sie durch das Gebet Gelassenheit und Vertrauen von Gott geschenkt bekommen.“
Leistung ist gut, aber Vertrauen ist besser.
Und: Mit ganz viel Gottvertrauen kann man sogar in den Himmel kommen…
Amen.